FRAUEN AN DER MACHT

Wir wissen nicht, wie die Welt aussehen würde, wenn Frauen sie regieren würden, aber irgendetwas funktioniert im Moment nicht, sagt Bridget Christie im Interview mit dem Guardian, auf die Frage: “Was wäre, wenn Frauen die Welt regieren würden?” … Wir können zwar nicht mit Sicherheit sagen, dass Frauen die Faust besser machen oder sich besser verhalten würden, aber wir wissen, dass Gesellschaften besser funktionieren, wenn Frauen in Führungspositionen sind oder an der Entscheidungsfindung beteiligt sind. 

Ja, wenigstens rechtmäßig beteiligt sind. Gleichberechtigt mit mentaler Stärke,  Verantwortung und Anerkennung.

Marina Abramovic dazu: “Wenn Frauen die Welt regieren würden, würden sie aufhören, zerbrechlich zu sein, sie würden aufhören, abhängig zu sein, sie würden niemals das Opfer sein, sie würden niemals missbraucht werden. Ich möchte, dass Frauen Kriegerinnen sind. Wenn Frauen frei und glücklich sind, werden sie wissen, wie man die Welt regiert.”

„Historisch gesehen haben Frauen an der Macht die Männer übertroffen“, so Louise Doughty, mit ihrem schwierigen Beispiel Margaret Thatcher, die berühmt dafür war, einzige Frau im Raum zu sein und keine Konkurrenz duldete.

Wir müssen mit der Romantisierung matriarchalischer Macht und Dominanz  genauso an den Nagel hängen, wie das geschlechterstatische Denken in amorphen Massen.  Und stattdessen hinterfragen, wie wir die problematischen und gefährlichen Machtstrukturen, die heute in der Gesellschaft wirken, ändern können. Die kurzfristige Macht, den schnellen  Profit auf dem Rücken der Schwächeren.

Das gesamte Interview:

https://www.theguardian.com/artanddesign/2017/jul/05/what-if-women-ruled-the-world

Homework 1Sie häuft Ordnung auf die Seligkeiten, die sie hat“, 2011, Acryl auf Textil, Näherei, Lack, 160 x 120

Homework 2Will der Mann seiner Frau den Himmel auf Erden bereiten, sie bereitet manchmal das Essen

Homework 3Die Maschine ist die Beherrscherin unseres gegenwärtigen Lebens

Homework 4 „Sturm und Zwang fängt an“

Homework 5Wir sind monströs, wenn wir auch zur Tarnung wie normale Bürger aussehen

Homework 6 „Die Frau schwankt unter der Last ihres schweren Glücks“

Die „Körper-Bilder“ von Barbara Mungenast dienen der Kopf-Lust und Erbaulichkeit

Die Kunst von Barbara Mungenast vermag über die schrillen wie abgenutzten Klischees von Alltagsleben und Sex-Routine hinaus feine Töne sichtbar zu machen – und versetzt die Aufmerksamkeit der BetrachterInnen ins exzentrische Zentrum einer flirrenden Phantasmagorie. Sinnlich bis frivol erzeugen die Körperbilder eine gespürte Balance zwischen dem Sog erotischer Einbildungskraft und der allgegenwärtigen Distanzierungsmechanik, wenn man überstrapazierten Werbe-Sex als solchen durchschaut – und davon gelangweilt wird.

So entsteht in den Werken von Barbara Mungenast aus dem ironischen Spiel zwischen einer „pornosophischen Erregungsstrategie“ und dem Auslöser-Instinkt voyeuristischer „Macho-Geilheit“ (als Sexualitätsersatz) eine libidinös-oszillierende Faszination. Erotik, als eine heute rar gewordene „Sehnsucht nach Individualismus“, bringt den Sinnlichkeitsverlust unserer Gesellschaft auf den Punkt – die sogenannte Ersatz-Befriedigung entpuppt sich urplötzlich als Ersatz-Frustration, und das auf Dauer.

Diese Engführung des Lustprinzips zum Wiederholungszwang jener Selbst-Enttäuschung, sich den anderen gegenüber permanent  als „glücksfähig“ und „hyperbefriedigt“ präsentieren zu müssen, verstellt den Blick auf unsere lasziv-erotische Wünsche, die man sich oft gar nicht mehr einzugestehen vermag. In den „vernähten“ Ölgemälden der Künstlerin, wo erst auf einen schnellen zweiten Blick (seconda vista), eingenähte Textil-Teile erkennbar werden, wird exakt eine Paradoxie zur heutigen Medien-Gesellschaft vorgeführt. Deren übersexualisierten, aber zugleich schon innerlich entrückten Erwartungsklischees steht eine gleichzeitig schwindenden Genussfähigkeit gegenüber, die auf eine Realisierung „aus zweiter Hand“, also im „second life“ hofft, obgleich die Einlösung von Sinnlichkeit im „first life“ gar nicht mehr stattfinden mag.

Die Kunstwerke von Mungenast sind, gleichsam „körperlich“ haptisch-graptisch erfahrbar, und – als Phantasma fragmentarisierten Lebens – sinnlich „im Kopf“ fühlbar.

Pathos und Coolness sind im Konzept der Künstlerin in aller Widersprüchlichkeit aktiviert – beim Betrachten des Bildes wird dies als eine „Modulation der Affekte“ ausgelöst. Die textilen Einnähungen im Ölbild oder auch ein darüber gesprayter, fast reliefartiger Druck verleihen den „Gemälden“ eine Haut-Artigkeit, die auch beim Sehen schon gespürt werden kann.

Dadurch entwickeln die, hier ausgestellten Werke der Künstlerin eine originelle Qualität, „schräg“ wie subkutan wirksam zu sein, gender-suggestiv entlarvend – wird doch so manche krasse Männerphantasie ironisch enttäuscht. Darin tückisch, auf triviale Klischees „reinzufallen“, mag so mancher Betrachter über die eigene Macho-Banalität seines Turbo-Egos stolpern. So gesehen entziehen sich die Bilder der Künstlerin der Passiv-Routine des Kunst-Konsumierens und regen bei den BetrachterInnen subtil eine, oft verschüttete Bereitschaft zur Selbsterkenntnis an, ohne moralisch darauf zu pochen. Sind wir doch allzu oft im Effizienzfieber des Leistungszwangs befangen, als wir es uns bisweilen, wenn überhaupt, eingestehen.

Die Künstlerin verfügt über eine provokative „Geschmacksintelligenz“, welche zur Einsicht der Ambiguität zwischen „Wunschdenken und Selbsttäuschung“ zu führen vermag. So wird die, im Patchwork der gesellschaftlichen Wirklichkeit verborgene Surrealität plötzlich sichtbar und vorstellbar zugleich – „je näher man ein Bild ansieht, umso ferner blickt es zurück“ heißt es bei Walter Benjamin.

Die Werke der Künstlerin versetzen tendenziell das Publikum in ein Spannungsfeld des „Möglichkeitssinns“ (Robert Musil) – kommt es doch heute einmal mehr auf die „real virtuality“ der Einbildungskraft an, von der technologischen „virtual reality“ haben wir ohnehin genug. Keineswegs apelliert die Künstlerin an die altbackenen Vision von „Gegenwelten“ – gibt es doch, laut Theodor W. Adorno, „kein wahres Leben im falschen“.

Barbara Mungenasts Installationen und Bildwerke geben nicht vor, an existentielle Selbstfindung glauben zu müssen, sie gehen unter die Haut und explodieren dabei auch im Hirn.

Univ.Prof. Dr. Herbert Lachmayer

Kulturphilosoph und Kurator, Kunstuniversität Linz,

Vorstand des Da Ponte Research Centers Wien