Putins Heldenporträts
Die geradlinige, eiskalte Pose in Friedrich von Amerlings Porträts von Kaiser Franz I. lässt mich verwundert zurück, warum muss ein Herrscher so emotionsbefreit wirken? Putins Heldenporträts, bewusst in Szene gesetzt, bringen meine Körpertemperatur nahe dem Gefrierpunkt. Der Actionheld trotzt jeder Kälte, zeigt sich mutig und stark, ist auftrainiert, jung gespritzt, glatt gebügelt. Das Pokerface des Phänomen Macht braucht distante eiskalte Stärke, lässt nicht die minimalste körperliche Regung nach außen – was gerade noch akzeptabel scheint, ist ein überlegener mondrunder Smile. Zar Putin treibt die Glorifizierung seiner Person auf die Spitze. Das öffentliche Alphatier versucht die Reste des russischen Imperiums wieder groß zu machen und für seine Landsleute gegen den Werteverfall des faulenden Westens zu trommeln. Nazis, Nato, Narrativ. Mit dem verklärten westlichen Bild auf Russland umgibt sich Putin am liebsten. Forbes und Time kürte 2013 Putin zum weltweit einflussreichsten Politiker.
Das Narrativ vom großen Wlad, der seinem Land Stabilität, Friede und Wohlstand bringt. Das kann nun 2022 keiner mehr glauben.
Putin. Sein Masterplan?
Ukraine, Februar 2022: Die ganze Welt schaut gebannt auf Vladimir Putin. Was kommt als nächstes? Wie weit geht er? Wie viel Blutzoll lässt dieser Mann zu? Ist er völlig wahnsinnig geworden?
In den Augen des Psychiaters Manfred Lütz hat der russische Präsident Wladimir Putin keine psychischen Probleme, sondern ist „schrecklich normal“. Putin habe das, was er gerade anrichte, vermutlich über Jahre und Jahrzehnte strategisch angepeilt. Lütz zog auch einen Vergleich zwischen dem aktuellen russischen Präsidenten und dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. „Um das mal so zu sagen: Ich halte Trump psychisch für viel gefährlicher als Putin, weil er viel unkalkulierbarer ist“, sagte Lütz. „Der wird ja von momentanen Emotionen hingerissen. Wenn irgendjemand ihn kränkt, dann schlägt er spontan zurück.“
Die Bilder aus der Ukraine sind grausam, erschütternd und beängstigend. Anders sieht den russischen Zaren Dr. Hans-Otto Dumke, der sich mit Persönlichkeitsstrukturen von verschiedenen bekannten Menschen befasst und sogenannte Pathographien erstellt, wie von Goethe, Hölderlin, Kleist, Sissi und auch Adolf Hitler. Nach ihm ist Putin ein Mann, in dem ein großes Potenzial an Aggressionen steckt, aber auch Cleverness. Und diese Mischung macht ihn so gefährlich. Außerdem ist er unberechenbar und hat eine unglaubliche Wut in sich. Er tritt als Einzelner auf und lässt seit Jahren nur wenige Menschen – vorwiegend „Ja-Sager“ – an sich heran. Eigentlich lebt er in einer „Blase“ und hat den Blick für die Realität zunehmend verloren.
Es gibt drei Theorien. Zum einen die „Madman-Theorie“. Mit dieser Theorie können politischen Akteuren Vorteile daraus entstehen, wenn sie sich komplett unberechenbar präsentieren, dabei bei einem Widersacher so große Furcht schüren, dass dieser einlenkt. Also die Theorie des „Verrückten“, wenn man das so sagen will. Ähnlich gingen im Übrigen auch die früheren US-Präsidenten Richard Nixon und Donald Trump vor. Des Weiteren geht es darum, welche Gefahr in Putins Gehirn lauern könnte. So hatte der Neurowissenschaftler Ian Robertson in einem Artikel geschrieben, dass wenig Zweifel daran bestünden, dass sich Putins Gehirn neurologisch und physisch so sehr verändert habe, dass er fest und ernsthaft glaube, Russland sei ohne ihn dem Untergang geweiht.
Lange Perioden absoluter Macht hätten ihn hochgradig egozentrisch, narzisstisch und blind für Risiken gemacht. Die dritte Theorie steht unter dem Titel „Putin als strenger Ideologe“. Der Putin von heute ist ein anderer als noch vor drei Jahren. Er habe sich laut des deutschen Auslandsgeheimdiensts BND zurückgezogen und beschäftige sich ausgiebig mit ihm genehmen historischen und ideologischen Schriften. Seinen inneren Rückzug spüre man auch im Umgang mit anderen Staatschefs. So auch bei den Treffen kürzlich mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz, mit denen er an einem sechs Meter langen Tisch saß, um ihnen nicht zu nahe zu kommen und, um den Genannten auch zu verdeutlichen, wie entfernt er politisch von ihnen ist. Dazu passt auch die oft beschriebene panische Angst Putins vor Corona.
Ich habe den begründeten Verdacht, dass Putin eine paranoide (wahnhafte) Persönlichkeitsstörung hat. Merkmale sind zum Beispiel eine übertriebene Empfindlichkeit, Misstrauen gegenüber allem und jedem, Streitsüchtigkeit, ein beharrliches Bestehen auf Recht, Verschwörungen und einem intensiven Hass auf Andersdenkende. So erlebe ich Putin, besonders seit der Annektion der Krim und Teilen der Ostukraine 2014. Und das ist keine Störung, die plötzlich aufgetreten ist, sie hat sich über die Jahre entwickelt. Sicher spielt dabei auch die genetische Komponente eine Rolle. Ich bin mir aber sicher, dass dies alles insbesondere mit Erlebnissen aus Kindheit und Jugend zusammenhängt.
Putin soll ein schüchterner, gehemmter Junge gewesen sein. In der Schule wurde er oftmals auffällig, wurde gehänselt, galt als Außenseiter und war oft in Schlägereien verwickelt, bei denen er den Kürzeren zog. Er wurde seelisch und auch körperlich verletzt. Mit seinen 1,70 Meter ist er bis heute ein kleiner Mann geblieben. Später begann er ein Jura-Studium und absolvierte eine Ausbildung beim KGB, dem sowjetischen Geheimdienst. Von 1985 bis 1991 war er in Deutschland stationiert, in der ehemaligen DDR. In Dresden musste er den Untergang des Sowjetreichs miterleben. Damals hat er von einer geopolitische Katastrophe gesprochen, die ihn nie in Ruhe gelassen hat. Daraufhin versuchte er politisch aufzusteigen und hat es auch geschafft. So war er unter anderem stellvertretender Bürgermeister von Sankt Petersburg und wurde 1999 Ministerpräsident unter Boris Jelzin bis er 2000 seine erste Amtszeit als Präsident begann.
Parallelen zu Hitler?
Auch bei ihm würde ich die gleiche Diagnose stellen wie bei Putin. Auch Hitler hatte viele Merkmale einer paranoiden Persönlichkeitsstörung. Im Übrigen halte ich beide strafrechtlich für voll verantwortlich für ihr Handeln. Sie sind voll schuldfähig und wissen genau, was sie tun. Das Problem bei Hitler war, dass er bis zuletzt alles versucht hat. Er hat solange gekämpft, bis er feststellte, dass es keinen Ausweg mehr gibt und sich am Ende umgebracht.
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