Rotkäppchen

2011

Naht auf Textil

160 x 120

Barbara Mungenast schichtet, ordnet und collagiert visuelle Versatzstücke unterschiedlichster Lebenswelten in ihren textilen und malerischen Kompositionen. Sie liebt Kontraste, fremde Welten mit surrealer Leichtigkeit. Schwebende Leere und dichte schrille Farbigkeit. Links unten eine halbnackte, abwesend stillende Mutter im intimsten Raum, die eben ein Baby geboren, dem Aufprall auf Mutter Erde nachfühlt. Demgegenüber der schwerelose Raumfahrer im Äther. Zentral lacht sich mit Leichtigkeit eine Blondine ins Unbewusste des Betrachters. Erst auf den zweiten Blick findet sich eine männliche Fratze in ihrer rechten Gesichtshälfte. Mungenast baut gerne Versatzstücke aus Kunst und alten Bildern und realen Lebenswelten in ihre Kompositionen ein. Applizierte Fellteile laden ein zum Drübersteichen. Das glatt glänzende Textil wird aufgebrochen. Glitzernde Stofffetzen schattieren und knistern. Räume und Tiefen tun sich auf. Mungenast ist auf der Suche nach einer luziden Dramaturgie und Inszenierung der Bedeutungsschnipsel unserer „wahrhaftigen“ Wichtigkeiten.

Als Spielleiterin und Regisseurin konfrontiert sie uns mit Szenenbildern und Fragmenten aus dem aktuellen Jetzt. Frisch, ungestüm und direkt sucht sie nach einer raschen Zeitigkeit, die sich beinahe überholt. Mixed Media, nicht nur im Material sondern auch in Technik und Bildsprache sollen das selbstbestimmte Sehen und einen konkreten Realitätsbezug infrage stellen. Die „unglaubliche Langeweile des Alltags“ möchte Mungenast konterkarieren, sie möchte zur individuellen Größe aufrufen: gegen die Hilflosigkeit und Unfähigkeit der Regierenden, gegen hohle Phrasen und Gemeinplätze, gegen die sinnentleerte Konsum- und Weiterkommpolitik, gegen Schönheits- und Lifestyleverordnungen, gegen das Gehören und Müssen. Es geht ihr um Blickwechsel und Mehrdeutigkeiten, um permanente Veränderung und Neugierde, um freudvolle Phantasie und Lustempfinden. Faszinierend ist für sie die Kraft der Zusammenhänge, die nicht offensichtlich sind und für jeden völlig anders und auch widersprüchlich.